Sie war eine der Grossen im dänischen Design und wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden: Nanna Ditzel entwickelte während ihrer mehr als 60-jährigen Karriere ihren eigenen Stil, der mit den oftmals strengen und formalen Designregeln brach.
In einer Zeit, als die Designwelt grösstenteils noch von Männern dominiert wurde und Namen wie Børge Mogensen und Hans J. Wegner als Vorreiter galten, schrieb sich die 1923 in Kopenhagen geborene Nanna Hauberg an der königlichen dänischen Akademie ein. Wie Mogensen und Wegner studierte auch sie unter Kaare Klint, dem dänischen Architekten und Möbeldesigner. Im Studium lernte sie ihren Mann Jørgen Ditzel kennen, mit dem sie 1946 nach Abschluss ihrer Ausbildung ein eigenes Designstudio in Kopenhagen gründete. Es folgten erste gemeinsame Entwürfe, die mehrfach ausgezeichnet wurden. Nanna Ditzel brach schnell mit den strengen und formalen Designregeln der dänischen, männlich geprägten Formensprache. Ihre Designs wirkten dagegen weich, poetisch, oftmals skulptural, wie zum Beispiel der Hängekorbsessel «Egg», den sie 1959 entwarf. Auf die Frage, weshalb ihre Entwürfe meist organische Formen aufweisen würden, konterte sie, dass es in der Natur auch keine rechten Winkel gäbe. Sie experimentierte mit intensiven Farben, neuen Materialien und Techniken. Einige Jahre nach dem Tod ihres ersten Ehemannes zog Nanna nach England, wo sie mit ihrem zweiten Mann Kurt Heide 1971 das internationale Möbelhaus Interspace gründete. Nachdem sie zum zweiten Mal Witwe wurde, kehrte sie 1986 nach Kopenhagen zurück, dort arbeitete sie bis zu ihrem Tod 2005 wieder in ihrem eigenen Designstudio. Aus dieser Zeit stammt auch der «Trinidad»-Stuhl, den sie 1993 für das dänische Unternehmen Fredericia entwarf. Für die Entwicklung des Stuhls lotete sie oftmals die Grenzen der Technologie aus. Thomas Graversen, der Eigentümer von Fredericia, erklärt: «Manchmal ging sie über das hinaus, was man ihr technisch zutraute. Sie war gelernte Tischlerin, aber eigentlich Industriedesignerin, und sie hat so lange weitergemacht, bis sie das hatte, was sie wollte.» So auch beim «Trinidad»-Stuhl. Anlässlich ihres 100-jährigen Jubiläums würdigt Fredericia seine ehemalige Hauptdesignerin: Mit neuen Farben für «Trinidad» sowie einer limiierten Auflage des «Chaconia Chairs», einem Entwurf aus dem Jahre 1962.
FREDERICIA.COM
NANNA-DITZEL-DESIGN.DK
Text: Ursula Bünter, Fotos: Fredericia/Peter Vinther
aus dem Magazin: Raum und Wohnen, Zeitschrift Nr. 08•09/23