Designerduo Caroline Ziegler und Pierre Brichet

Gestaltungs-Ping-Pong aus Paris

Caroline Ziegler und Pierre Brichet gehören zu den Gestalter-Duos, die man in den kommenden Jahren unbedingt im Auge behalten sollte. Ihre Designs jedenfalls haben es schon bis in den Elysée-Palast geschafft – und das, obwohl sie sich selbst nicht übermässig ernst nehmen. Sie machen einfach.

Caroline Ziegler und Pierre Brichet stammen beide aus den Savoyen und gestalten seit rund acht Jahren zusammen Möbel, Leuchten und Wohnaccessoires.
Caroline Ziegler und Pierre Brichet stammen beide aus den Savoyen und gestalten seit rund acht Jahren zusammen Möbel, Leuchten und Wohnaccessoires.
Diese Leuchte entstand als Prototyp in der eigenen Werkstatt, machte dann spontan Karriere auf dem Schreibtisch des französischen Präsidenten und ist seit Frühling 2023 in Serie unter dem Namen «Niwaki» von DCW éditions erhältlich. Foto: Baptiste Heller.
Diese Leuchte entstand als Prototyp in der eigenen Werkstatt, machte dann spontan Karriere auf dem Schreibtisch des französischen Präsidenten und ist seit Frühling 2023 in Serie unter dem Namen «Niwaki» von DCW éditions erhältlich. Foto: Baptiste Heller.

Manchmal entstehen die ganz grossen Würfe ja nicht hinter glänzenden Fassaden, sondern im Verborgenen. So ähnlich verhält es sich mit dem Studio von Caroline Ziegler und Pierre Brichet: Es liegt an einem Boulevard im Pariser 11. Arrondissement, zwischen Bastille und dem Friedhof Père Lachaise im Hinterhof eines grossen Wohnhauses. Durch die Eingangstür und den schmalen Flur gelangt man in den sehr kleinen Innenhof und durch eine unscheinbare Tür in ein gerade einmal 20 Quadratmeter grosses Design-Studio. Darin, rechts an der Wand, ein langer Schreibtisch, links ein kleiner Besprechungstisch. Auf dem restlichen Platz stapeln sich – gut verpackt – verschiedene Stühle, an der Wand hängen sehr bunte grafische Experimente, daneben ein Ausdruck verschiedener Stuhl-Entwürfe. Am dunklen hinteren Ende des Ateliers lässt ein Lager erahnen, dass es dutzende Prototypen und noch mehr Materialproben verbirgt.

Pierre stammt aus den Savoyen, wuchs in der Nähe von Annecy auf. Sein Vater unterrichtete an einer Berufsschule technisch-praktische Fächer, also hatte er daheim eine Werkstatt mit allerhand Maschinen, an denen er schon als Grundschüler nach Herzenslust arbeiten durfte. «Ich habe viel mit Holz gebastelt und später sogar Sachen geschweisst», erinnert er sich und fügt direkt etwas nachdenklich hinzu: «Meinem eigenen Sohn würde ich das heute nicht erlauben.» Nach der Schule begann Pierre Brichet eine Ingenieursausbildung, arbeitete anschliessend ein Jahr in der Nähe von Grenoble für einen Snowboardhersteller. «Das war gar nicht mein Ding.» Gleichzeitig hatte er schon lange gerne Sachen selbst gebaut, alle Möbel in seiner Studentenwohnung waren eigene Entwürfe. Er bewarb sich an der «École des Arts Décoratifs» in Paris – einfach, weil es dort eine Ausrichtung auf Möbeldesign gab «und dafür konnte ich wenigstens ein paar Entwürfe zeigen.» Pierre rechnete sich wenig Chancen aus – aber dann landete seine Bewerbung doch zur richtigen Zeit am richtigen Ort: «Der Gründer des Studiengangs stellte seinen letzten Jahrgang vor der Rente zusammen und wollte dafür zehn ganz besondere junge Leute um sich versammeln. In diese Truppe passte ich mit meiner Ingenieursausbildung wohl ganz gut.» Danach folgten mehrere Jahre in Designagenturen, bis er sich entschied, mit Caroline Ziegler ein Studio zu eröffnen.

Die hatte er im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft Collectif Dito kennengelernt, das sie unter anderem mit Joachim Jirou Najou gegründet hatte. Caroline Ziegler entstammt einer Lehrerfamilie aus der Nähe von Grenoble und mochte von jeher künstlerisches Gestalten und profitierte viel vom Schulunterricht in zeitgenössischer Kunst. «Aber aus Angst vor dem weissen Blatt hab ich mich dann eher in Richtung Design orientiert.» Sie absolvierte eine Kunst- und Gestaltungsakademie in Reims, die hauptsächlich auf die Arbeit als AutorendesignerIn ausgerichtet war. Danach arbeitete sie einige Jahre in Innenarchitekturstudios, unter anderem bei Matt Sindall, gestaltete für das Studio Messestände für Renault. Nach einiger Zeit wechselte Caroline Ziegler ins Büro von Mathilde Bretillot, die Interior Designs für Wohnungen entwickelte. «Die schickte mich direkt raus auf Baustellen, dort Bauleitung zu machen, was für mich sehr lehrreich war.»

Parallel zum Bürojob organisierte Caroline Ziegler zusammen mit ihrem Studienfreund Joachim Jirou Najou die ersten Treffen für ein neuartiges Designkollektiv, in dem eine wirkliche Zusammenarbeit gelebt werden sollte – eine, bei der es innerhalb der Gruppe kein Urheberrecht auf die jeweiligen Ideen gäbe. Auch Pierre Brichet wurde Teil der Gruppe. 2006 erhielt Collectif Dito dann das Agora-Recherche-Stipendium, um eine Ausstellung zu entwickeln, obwohl ausser den jungen Designern selbst kaum jemand daran glaubte, dass man zu fünfzehnt überhaupt etwas Zeigbares schaffen kann.

In dieser Zeit kristallisierte sich für Caroline und Pierre gleichermassen eine Erkenntnis heraus: Wir wollen unabhängig und im Team arbeiten, aber nicht in einem so grossen Kollektiv. «Wir waren bei Dito ja 15 Leute und alles war von sehr basisdemokratischen Diskussionen geprägt, es hat ewig gedauert, bis wir mal was fertig hatten», erinnert sich Caroline Ziegler. Also näherten sich die beiden – beruflich – zaghaft an. Sie erzählt: «Wir trafen uns einmal die Woche zum Zeichnen und Ideen entwickeln, ohne KundInnen oder konkrete Aufträge zu haben, einfach so.»

Ziemlich schnell wurde aus «einfach so» etwas Handfestes: Überraschenderweise nahm eine damals neu gegründete Möbelmarke direkt ihre Gartenstühle «Weekend» ins Programm und bestellte gleich noch Hocker, Bank, Tisch und Sonnenliegen dazu. «Der Eigentümer ging wohl mit all seinen Projekten ein ziemliches Risiko ein und bald gab es die Marke nicht mehr», erinnert sich Caroline Ziegler. Und doch: Für Brichet Ziegler entwickelte sich daraus ein Glücksfall. Denn das französische Label Petite Friture kaufte die Lizenzen – und die beiden Designer hatten quasi von jetzt auf gleich eine umfangreiche Gartenmöbelkollektion im Portfolio einer gefeierten Marke. Bald folgten Kooperationen mit weiteren jungen französischen Möbelbrands wie Moustache oder Hartô. Sie waren genau so neu auf dem Markt wie Brichet Ziegler. «Man passte zusammen», erinnern sich die beiden. 

STUDIO BRICHET ZIEGLER

Der erste Entwurf von Brichet Ziegler, das in Produktion ging, war die Gartenmöbelserie «Weekend». Dazu gehören nicht nur Tisch und Stühle, sondern auch Sessel, Teewagen, Bänke und Loungetische – und das alles in vielen verschiedenen Farben. Foto: Ola Rindal
Der erste Entwurf von Brichet Ziegler, das in Produktion ging, war die Gartenmöbelserie «Weekend». Dazu gehören nicht nur Tisch und Stühle, sondern auch Sessel, Teewagen, Bänke und Loungetische – und das alles in vielen verschiedenen Farben. Foto: Ola Rindal
Fast schon ein Klassiker ist die Leuchte «Yasuke». Ihr Licht lässt sich in verschiedenen Lichtfarben und -stärken einstellen. So kann man das Licht je nach eigener Stimmung individuell anpassen.
Fast schon ein Klassiker ist die Leuchte «Yasuke». Ihr Licht lässt sich in verschiedenen Lichtfarben und -stärken einstellen. So kann man das Licht je nach eigener Stimmung individuell anpassen.

Das komplette Portrait des Designerduos Brichet und Ziegler ist im Magazin RAUM UND WOHNEN zu lesen. Die Ausgabe 06•07/23 lässt sich online bestellen.

Text: Barbara Hallmann
aus dem Magazin: Raum und Wohnen, Zeitschrift Nr. 06•07/23

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