Wenn Licht sich von der reinen Funktionalität löst und zum lebendigen Gestaltungselement wird, schafft es eine Atmosphäre, die Emotionen weckt und uns sanft umhüllend durch den Alltag begleitet. Ein Besuch bei Vibia.
Stellen Sie sich vor, Sie kommen nach Hause. Das Licht empfängt Sie sanft und stimmungsvoll, als hätte es nur darauf gewartet, diesen Moment zu inszenieren. Es passt perfekt zu Ihrem Stil, betont Ihre Einrichtung und schafft eine Atmosphäre, die Sie immer wieder fasziniert. Wie es gelingt, Räume in ein harmonisches Zusammenspiel von Emotion und Funktion zu tauchen, habe ich bei Vibia am Hauptsitz in Barcelona erlebt. Vor 37 Jahren gegründet, zählt Vibia heute zu den führenden Herstellern von dekorativen Leuchten, ist in über 80 Ländern vertreten und beeindruckt mit einem riesigen Portfolio. Davon zeugen schon die imposanten Lagerhallen, in denen sich die Materialkisten von rund 560 Lieferanten bis unter die Decke stapeln. Die unvergleichliche Vielfalt des Sortiments begeistert ArchitektInnen, InnenarchitektInnen und EndkundInnen in gleichem Masse. Spätestens seit ich den Showroom betreten habe, verstehe ich, warum.
Auf grosszügigen 600 Quadratmetern ändert sich mit jedem Schritt die Lichtstimmung, ganz zu schweigen von den Leuchtendesigns. Diese stammen mehrheitlich aus der Zusammenarbeit mit internationalen DesignerInnen und spiegeln deren Sichtweise sowie kulturelle Einflüsse wider, was zu einzigartigen und kreativen Beleuchtungslösungen führt. Man kann sich regelrecht in all den Lichtstimmungen verlieren, und ich bin froh, dass ich mich nicht für eine Leuchte entscheiden muss. Vielmehr nehme ich mir die Freiheit, drei Kollektionen vorzustellen, die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben: Bei der Kollektion «Plusminus» von Stefan Diez steht ein texturiertes Textilband im Mittelpunkt, das Strom leitet und wie ein Gürtel befestigt wird, denn das flexible Beleuchtungssystem interpretiert Licht als formbares Material. Mit einem Click-and-Connect-System lassen sich die Leuchten an beliebiger Stelle befestigen und individuell ausrichten. Ob als elegante Pendelleuchte, geometrische Lichtschiene oder raumteilende Installation – «Plusminus» passt sich jeder Vision an und ermöglicht eine kreative Raumgestaltung. Das innovative System erzeugt weiches, diffuses Licht, minimiert Schatten und schafft eine ruhige, wohnliche Atmosphäre.
Weiche Kugelformen, aus denen warmes Licht strömt, kennzeichnen hingegen die Kollektion «Top» von Ramos & Bassols. Im Zentrum der Leuchte befindet sich eine kleinere Kugel, die das LED-Licht nach aussen reflektiert und so einen Halo-Effekt mit gleichmässiger, indirekter Beleuchtung erzeugt. Die aus Aluminium gefertigte Deckenleuchte interpretiert das klassische Rosettenmotiv neu, während die minimalistische Wandleuchte wie ein Kunstobjekt wirkt. Das indirekte Licht, das von Wänden oder Decken reflektiert wird, sorgt für weiche, blendfreie Helligkeit und eine entspannende Raumstimmung. Und zuletzt sei «Circus» erwähnt, eine Kollektion von Antoni Arola, die von der Dynamik eines Trapezakts inspiriert ist und durch ihre minimalistische Struktur und die markante Leitstange besticht. Sie balanciert Gegensätze perfekt aus und entfaltet ein fröhliches Lichtspiel. «Circus» vereint vertikal und horizontal angeordnete Spots, reflektierende Scheiben und markante Diffusoren, die atmosphärische Lichtkompositionen ermöglichen. Mit direktem Licht setzen die Leuchten gezielt Akzente, ideal zur Betonung von Details und für Arbeitsbereiche, in denen fokussiertes Licht entscheidend ist. Die drei Kollektionen unterscheiden sich nicht nur optisch, sondern auch in der Art der Beleuchtung: die Möglichkeit, direktes, indirektes und diffuses Licht zu kombinieren, macht die Raumgestaltung vielseitig und anpassungsfähig. Doch wann ist welches Licht sinnvoll?
Im Idealfall steht man bei dieser Entscheidung nicht allein da, sondern erhält Unterstützung von ArchitektInnen oder InnenarchitektInnen, die Licht als ganzheitliches Konzept frühzeitig in die Planung einbeziehen. Dabei geht es nicht nur um Funktionalität, sondern vielmehr darum, eine besondere Lichtstimmung zu erzeugen und damit Gefühle auszulösen. Licht als Gesamtkonzept und wesentliches Gestaltungselement zu sehen, entspricht der Philosophie, die Vibia seit Jahren prägt – spätestens seit Pere Llonch die Leitung übernommen hat. In einer Zeit des Umbruchs war er entschlossen, Vibia von einem traditionellen Leuchtenhersteller in eine moderne, kreative Marke zu verwandeln, die Licht als lebendiges Mittel zur Raumgestaltung betrachtet. Die Umstellung auf LED und intelligente Steuerungssysteme begünstigte diese Entwicklung. «Wir sehen uns heute weniger als Produktdesigner», sagt Pere Llonch in einem Interview, «unsere neue Vision lautet «Shaping Atmospheres», dabei steht die Beziehung zwischen Produkt und Raum im Vordergrund. Vibia will Möglichkeiten schaffen, Atmosphären zu gestalten, die unterschiedlichste Emotionen hervorrufen. Und genau das geschieht, wenn man sich im Showroom auf Entdeckungsreise begibt.
Mehr über Architektur, Wohnen und Design ist in der Ausgabe 10•11/24 vom Magazin RAUM UND WOHNEN zu erfahren.
Text: Silja Cammarata
aus dem Magazin: Raum und Wohnen, Zeitschrift Nr. 12/24•01/25